Holtkämperei

Die Stele wurde gefördert durch:

Weitere Infos

Die  Holtkämperei: Das älteste Haus in Isselhorst

Ein kurze Geschichte

Bild (Heimatverein Isselhorst) Das Bild zeigt rechts die Holtkämperei und links die ehemalige Bäckerei Lütkemeyer. Die Bebauung der Straße „Usedomweg ist noch nicht erfolgt  

Der Bau des Hauses. 1623. Es ist die Zeit des Dreißigjährigen  Krieges (1618-48). In Berichten heißt es, dass  unsere Region bis zum Spätsommer noch verschont  bleibt  von den  Verwüstungen und Leiden des Krieges, von großer Hungersnot, die die  Menschen zwingt,  sich von Eicheln statt von Getreide zu ernähren.  Noch sind die Männer  nicht im Krieg, auch Baumaterial ist vorhanden, noch können Häuser gebaut werden.  In diesem Jahr entsteht das älteste erhaltene Haus von Isselhorst., ein sog. Dreiständer-Fachwerkgebäude. Der Dachstuhl ruhte auf drei Ständerreihen, deshalb die Bezeichnung.

Aber der  Krieg rückt näher. Über den September 1623 wird berichtet, dass Söldner plündernd durch das Land ziehen, Getreide, Wagen, Vieh rauben.  Die Bewohner bleiben verarmt  und verängstigt zurück.

Das Jahr 1623 wird übrigens an keiner Stelle des Gebäudes vermerkt, auch nicht in einer Inschrift auf dem Torbalken. Über den Bau des Hauses gibt es nur einen handschriftlichen Vermerk in den Aufzeichnungen der Familie Elmendorf: Ihre Vorfahren waren die Erbauer des Hauses. Der Name „Holtkämperei“ stammt nicht aus dieser Zeit.  Er  verweist auf  den Namen eines der Eigentümer, des Postagenten Holtkamp im  19. Jahrhundert .

Als Erbauer des Gebäudes werden in Familienaufzeichnungen Johann Pohlmann, vermutlich aus Niederummeln, und dessen Frau Sophie In der Viert aus Niehorst, vermutlich eine geb. Viertmann, genannt. Sie waren freie Leute, das heißt keinem Gutsherrn dienstpflichtig.. Er hatte sich bereits 1620 vom Meier zu Isselhorst, Mumperow, frei gekauf. In dem neu erbauten Fachwerkhaus betrieb er mit seiner Frau eine Bäckerei und Warenhandlung. Es gibt auch Andeutungen, dass er das Kornbrennen ausübte..   Von der Landwirtschaft allein konnte die Familie vermutlich nicht leben. 

Das Haus des „Küchenbrandes“. Bedeutsam für die Geschichte Isselhorsts wurde dann das Jahr 1689. Conrad    und Margaretha Agnesa Lütgert, geborene Ludewigs aus Hollen, bezogen das alte Fachwerkhaus, An der Lutter 1.  Sie erweiterten den Handel, backten Brot und vor allem: Sie brannten gewerbsmäßig Korn. Cordt Lütgert war ein Neusiedler. Er besaß nur etwa einen Morgen Ackerland. Er benötigte eine zusätzliche Erwerbsquelle: Er stellte mit einfachsten Mitteln Schnaps her in seinem Wohnhaus. Deshalb spricht man von „Küchenbrand“.  An den hohen Festtagen und den Buß- und Bettagen war übrigens das Schnapstrinken auf dem Land verboten. In der Stadt galt das Verbot auch an Sonn- und Feiertagen, ein solches Verbot war auf dem Land nicht durchsetzbar. Beim Brennen fiel Schlempe an, ein wertvolles Viehfutter. Vieh erzeugte Mist. Mist verbesserte als Dünger den Boden. Aus diesem Grund wurde das Schnapsbrennen auf dem Land erlaubt: Es förderte die Landwirtschaft.

Conrad

Lütgert war ein Vorfahre der Familie Elmendorf. Deshalb gilt das Jahr 1689 als Gründungsjahr der Kornbrennerei Elmendorf, die Holtkämperei als dessen„Wiege“  

Im Kirchspiel Isselhorst wohnten zu jener Zeit 1300 Einwohner in 140 Häusern. Isselhorst zählte rd. 500 Personen, die auf 41 Hofstellen und 60 Häusern lebten.

Das Arzthaus. Das Jahr 1733  markiert eine weitere  Station in der Geschichte des Hauses: Der erste Mediziner  des Dorfes, ein „Chirurgus“ praktizierte hier bis 1766.    Sein Name: Peter Lütgert, ein Urenkel der Erbauer, zuvor als Miltärarzt tätig. In dem Haus behandelte er Verletzte und Kranke. Sie wurden zur Ader gelassen, d.h. ihnen wurde Blut entnommen, um durch die Neubildung neue Widerstandskraft zu entwickeln. Ferner zog er Zähne, natürlich ohne Betäubung. (Sollten wir hier exemplarisch auf seine Aufzeichnungen hinweisen, d.h. auf seine Liste der zur Ader gelassenen Menschen und der Zahl der gezogenen Zähne?)

Peter Lütgert verbesserte das Gebäude. Er erneuerte Fenster und Türen und legte eine neue Deele, einen Brunnen und eine Toilette an.  Das Gebäude erfuhr somit mehrere Veränderungen, dokumentiert sind jedoch nur wenige.

Die Poststelle und der Namensgeber. Etwa 100 Jahre später bezog jener Mann das Haus, auf dessen Namen die Bezeichnung „Holtkämperei“ zurückgeht. Am 1. April 1865 erhielt eine Postagentur ihren Sitz in diesem Gebäude. Der Postagent Heinrich-Adolf Holtkamp übernahm nebenberuflich Postdienstleistungen. Wann genau er hier einzog, ist allerdings unbekannt. Vermutlich gab es schon seit Oktober 1817 eine Poststation an dieser Stelle, d.h. hier war Haltepunkt und Pferdewechselstelle.  

Die Weiterentwicklung zur Postagentur ist möglicherweise im Zusammenhang mit dem Aufblühen von Handel und Gewerbe in Isselhorst zu sehen. Da waren etwa die Maschinenfabrik Schürmann, die Weberei Elmendorf, die Brennerei, die Lohngerberei Mumperow. Im Gefolge nahm die Zahl der Arbeitsplätze zu. Kommunikation, Mobilität  und Transport gewannen an Bedeutung. Der Gemeinderat setzte sich für die Einrichtung einer Eisenbahnhaltestelle für Isselhorst ein. 1891 wurde die Eröffnung des Bahnhofes gefeiert. Bereits 1898 erfolgte die Erweiterung des Empfangsgebäudes und des Güterbahnhofs. Um schnell zum Bahnhof zu kommen, baute man eine neue „Chaussee“, die „Bahnhof“-Straße, heute Isselhorster Straße. Hier verkehrte ein Pferdetransportwagen zum Isselhorster Postamt. Er beförderte Briefe, Pakete und Fahrgäste.

Die Bäckerei. 1886 wurde das Haus zur Bäckerei. Ludwig Lütkemeyer machte sich als Bäckermeister selbstständig. Bis 1891 betrieb er dort ein Bäckereigeschäft. Dann zog er mit seinem Betrieb in das Gebäude in unmittelbarer Nachbarschaft. Heute befindet sich dort die Bäckerei Glasenapp, jedoch in einem Neubau.

 

Eine Unterkunft für Vertriebene. 1911 verließ der Postagent Holtkamp mit seiner Familie Isselhorst im Zorn, über seine Motive ist nichts bekannt  Er soll dabei den historischen Torbogen mit Inschriften ausgebaut und mitgenommen haben. Der  Großvater des jetzigen Eigentümers, Rolf Imkamp, erwarb das   Anwesen.  und vermietete es. Nach den ganz unterschiedlichen Nutzungen im Laufe der Jahrhunderte  beschränkte sich die Nutzung schließlich auf das Wohnen. In den Nachkriegsjahren fanden hier vorübergehend Vertriebene ihre Unterkunft. Das Haus wurde bis 1975 bewohnt.

„Der Kotten“. Als das Gebäude leer stand, setzte der Verfall ein. Es regnete durch, die nassen Lehmdecken fielen herunter. Böden und Wände waren feucht und schimmelig. Weil die  Geschichte wenig bekannt war, wurde das Gebäude abschätzig als „Kotten“ bezeichnet, dessen Abriss nicht zu bedauern sei.

Das Baudenkmal. Diese Einschätzung änderte sich. 1984  wurde das Gebäude unter  Denkmalsschutz gestellt. Denn: Das Haus legt ein authentisches Zeugnis über jetzt fast 400 Jahre Dorfgeschichte ab, ist ein bedeutendes Kulturdenkmal. Es bildet das älteste, noch an seinem ursprünglichen Platz vorhandene Dreiständer-Fachwerkhaus. Im Ensemble mit der Evangelischen Kirche, der alten Schule, dem historischen Gasthaus „Zur Linde“ und dem Kantorhaus (heute Diakonie) leistet es einen wichtigen  Beitrag zum überlieferten Ortsbild von Isselhorst.

 

Den Erhalt verdankt das Dorf der Initiative von engagierten und fachkundigen Denkmalsfreunden, die 1998 den „ Arbeitskreis zur Rettung der Holtkämperei“ gründeten. Die Leitung übernahm   Ortwin Schwengelbeck, der mit nimmermüdem  Einsatz das Gebäude restaurierte, Fördermittel einwarb, so dass das Haus weitgehend in den Originalzustand zurückversetzt werden konnte.

Das Heimathaus. Seit 2018 dient das Haus als Domizil des Dorf- und Heimatvereins Isselhorst. Nach gut 20jähriger Bauzeit wurde die Holtkämperei am 9. September 2018 offiziell  eingeweiht.  

Literatur:

  • Dreißigjähriger Krieg, in: http://www.heimatverein-joellenbeck.de/ joomla/index.php/menue-militaer
  • Plöger, Renate, „Wiege der Kornbrennerei. „Holtkämperei“ ist eines der ältesten Häuser im Kirchspiel“. In: Kirchspiel Isselhorst. Wie es wurde, was es ist. Gütersloh 2000, S. 167ff.
  • , „Brennerei Elmendorf. Schlempe und Korn“, in: ebd., S. 172 f.
  • , „Zeit starken Wandels. Vor 100 Jahren Isselhorst um 1900“, in: Ebd., S. 216f.
  • Schwengelbeck, Ortwin, Geschichte der Holtkämperei, maschinenschriftlich, Archiv DHV
  • Schürmeyer,Olaf, Holtkämperei Isselhorst, Diplomarbeit FH Hildesheim/Holzminden, o.O. 1996, S. 2ff, 31